10.10.2016
English text below!
Im Frühling 1969 war es endlich soweit. Ich trat nach meinen Abschlussprüfungen mit einem Lehrer-Patent, wie der Abschluss damals bezeichnet wurde, meine erste Vollzeitstelle als Primarlehrer an und ins so lange ersehnte Erwerbsleben ein. Dazu gehörte natürlich auch eine neue mobile Freiheit, mein erstes Auto. Wie könnte es anders sein, ein Volkswagen Käfer natürlich, robust, günstig in der Anschaffung und im Unterhalt. Boxermotor und Antrieb hinten, waren ganz wichtig für die Wintertauglichkeit. Der Käfer musste mich ja jeden Tag, Sommer und Winter, von Schwyz ins kleine abgelegene Schulhaus nach Aufiberg oberhalb Rickenbach (SZ) und wieder zurück nach Hause transportieren. Im Winter – wenn möglich – ohne das lästige Ketten montieren. Vierradantrieb war ja damals mit Jeep oder Landrover, vor allem dem Militär und der Land- und Forstwirtschaft vorbehalten. An einem schönen Apriltag konnte ich ihn abholen. Da stand er nun endlich bereit mit dem Kennzeichen, seiner Autonummer: SZ 17967. Der langen Einleitung kurzer Sinn: Über die Autonummern im Laufe der Zeit wollte ich etwas philosophieren.
Die ersten Autos hatten überhaupt keine Nummern. Sie wurden einfach in der Gegend herumgefahren. Zur gleichen Zeit kamen auch die Fahrräder auf. Um Ordnung in die Sache zu bringen, erliessen einige Kantone um die Jahrhundertwende Verkehrsgesetze. Ich habe gelesen, dass z. B. in Luzern die ersten Autos sogar mit Velonummern verkehrten. Ob das in Schwyz auch so war, konnte ich nicht recherchieren. Nach einer Periode mit Nummern des Bundes, von 1905 bis 1931, trat 1932 das neue Motorfahrzeuggesetz in Kraft. Nun gaben die Kantone die neuen Autonummern mit Kantonswappen und fortlaufenden Nummern heraus, die vorne und hinten am Fahrzeug zu befestigen waren. Das war der Start der Autonummer SZ 1 bis Sz XXXXXXX. Es war auch der Beginn von rührenden persönlichen Autonummer Beziehungen und Geschichten.
Anhand der Höhe der Nummer konnte man nämlich ungefähr die Anzahl der zum Zeitpunkt der Einlösung im Kanton zirkulierenden Autos festlegen. Ebenso konnte man anhand dieser Nummer einschätzen, seit wann dieses Fahrzeug auf den Strassen verkehrte. Meine Nummer 17967 wurde also 1969 herausgegeben. Es hat mich interessiert, ob diese Annahmen ungefähr der Statistik entsprachen. Zwischen 1960 und 1980 haben die Autos im Kanton Schwyz von 2674 auf 36452 um ungefähr das 13.6-fache zugenommen. Das könnte für meine Nummer und das Jahr 1969 in etwa hinkommen. Mit einigen Ausnahmen kann man sagen, je tiefer die Autonummer, desto länger ist der Halter oder die Halterin mit Automobilen im Kanton unterwegs. Doch aufgepasst, was früher galt, stimmt heute nicht immer!
Mit der Liebe zu den Autos kam plötzlich auch die Liebe zu einer möglichst tiefen oder numismatisch interessanten Nummer ins Spiel. Während für einige das Kennzeichen einfach ein notwendiges Stück Blech darstellt, scheint es für andere einen besonderen, oft emotionalen Identifikationswert zu besitzen. Eine Autonummer schien im Laufe der Zeit besonders wertvoll zu werden, je tiefer oder spezieller die Zahlenkombination der Nummer ausfiel. Lange Zeit funktionierte dieses Spiel durch den Zufall, durch Beziehungen oder auch durch einen Wunsch, den man auf dem Strassenverkehrsamt anbringen konnte. Wenn gerade so eine Nummer frei war, konnte man sie mit etwas Glück bekommen. Viele «schöne» Autonummern wurden auch in der Familie weitergegeben. Aber welche Nummern waren denn «schön»? Dazu zählten Jahrgangszahlen, Geburtstagszahlen, Postleitzahlen, persönliche Glückszahlen, Telefonnummern; der Möglichkeiten gibt es viele. Solche Nummern scheinen für einige Leute viel zu bedeuten. Dies ging so lange gut, bis findige Köpfe in den Finanzdepartementen eine interessante, neue Einnahmequelle witterten. Die Kantone versuchen, mit ihren Nummern für die gebeutelten Staatskassen pekuniär heraus zu holen, was möglich ist. Mittlerweile sind da fast alle Kantone im lukrativen Geschäft.
Seit einigen Jahren werden nun Land auf und Land ab tiefe, runde, gerade und spezielle Wunsch-Autonummern versteigert oder verkauft. Heute gilt, wer eine solch spezielle Nummer an seinem Fahrzeug hat, ist entweder schon sehr lange Besitzer dieser Nummer, hat sie in der Familie ererbt oder hat sie mit einem schönen Batzen Geld gekauft oder ersteigert.
Im Jahre 2013 nahmen die Deutschschweizer Kantone rund 11 Millionen Franken damit ein. Die teuerste Nummer der Deutschschweiz sei bis heute das Kennzeichen «SG 1» mit 135’000 Franken. Für die Nummer «SZ 3» zahlte jemand 98’000 Franken und die «SZ 111 111» ging für satte 25’000 Franken über die Theke des Schwyzer Verkehrsamtes. Scheinbar greifen einige Zeitgenossen für spezielle Nummern sehr tief in ihren Geldbeutel. Im Kanton Zug dürfen die Autobesitzer sogar direkt Autonummern untereinander handeln!
Das Verkaufssystem wird sich aber selber ad absurdum führen, da ja die einmal gekauften Nummern blockiert sind und in der Familie oder im Betrieb wieder weiter gegeben werden können. Bei tiefen Nummern wird es – unter den zurzeit gültigen Bestimmungen – sehr lange dauern, bis da für die Kantone wieder Bares zu holen sein wird.
Meine Nummer stammt wirklich vom Frühling 1969, ist per einfache Zuteilung durch das Strassenverkehrsamt an mich geraten und gilt heute mit fünf Stellen bereits zu den kurzen Nummern, die man mit Geld erwerben muss! Mir ist das eigentlich egal.
Zwei schöne Geschichten / Anekdoten mit Autonummern zum Schluss:
Zum Ersten: Der ehemalige, leider schon verstorbene CVP Regierungsrat des Kantons Schwyz, Karl Bolfing von Rickenbach, hatte vor langer Zeit per Zuteilung die Nummer «SZ 1008» erhalten. Wenn man ihn danach fragte, sagte er oft humorvoll: „Ich fahre «Tausend und eine (N)acht»!“
Zum Zweiten: Petra Gössi, Nationalrätin und heute FDP-Parteipräsidentin erzählte in einem Interview mit dem «Bote der Urschweiz» eine kleine Reminiszenz über eine Autonummer und das Datum der Schlacht am Morgarten: «Mein Grossvater hatte die Autonummer «SZ 1315». Also konnte ich mir die Jahreszahl der bedeutenden Schlacht am Morgarten schon früh gut merken. Doch meine Verbindung zu diesem Ort und zu diesem Teil der Schweizer Geschichte geht natürlich über ein Kontrollschild hinaus.»
Bildquellen:
Titelbild: alte Autonummer SZ ab 1905; Foto Ernst Immoos im Bote der Urschweiz
Beitragsbild: Mein erstes Auto 1969; Foto Ruedi Immoos; Familienarchiv Immoos
Beitragsbild: Autonummer, altes Format Rückseite; Auto auf dem Hauptplatz Schwyz in den 1950-er Jahren; Foto: Walter Immoos (Sen.); Familienarchiv Immoos
Beitragsbilder (2): Autonummernauktion Kanton Schwyz; heruntergeladen von: http://www.auktion-ch.ch/auktion/sz/default.aspx
Beitragbild: Autonummer SZ 17967; altes Format für die Rückseite; Foto Ruedi Immoos; Familienarchiv Immoos
Links:
Verrückte Autonummern
Mehr als ein Stück Blech
Die Nummer eins ist begehrt
Geschichte der Kennzeichen
English:
10.10.2016
A philosophical excursion on autonummers especially in the canton of Schwyz.
In the spring of 1969 it was finally time. After finishing my final examinations with a teacher’s patent as the degree was at that time, I entered my first full-time position as a primary teacher and to the long-awaited working life. This of course also included a new mobile freedom, my first car. How could it be otherwise, a Volkswagen Beetle, of course, robust, favorable in the acquisition and maintenance. Boxermotor and rear drive, were very important for the winter-suitability. The beetle had to transport me every day, summer and winter from Schwyz to the little remote school house after Aufiberg above Rickenbach (SZ) and back home again. In winter – if possible – without the annoying chains. Four-wheel drive was at that time reserved with jeep or Landrover, above all the military and the agriculture and forestry. On a beautiful April day I could pick him up. At last he was ready with the mark, his license plate: SZ 17967. The long introduction, short: about the license plate over time I wanted to philosophize something.
The first cars had no numbers at all. They were just wandering around in the area. At the same time, the bicycles came on. In order to bring order to the cause, some cantons around the century turn traffic laws. I have read, for example, that in Lucerne the first cars even went with bicycle license plate. Whether the Schwyz was so, I could not research. After a period with numbers of the federation, from 1905 to 1931, 1932 the new motor vehicle law came into force. Now the cantons issued the new car numbers with canton clasps and serial numbers, which were to be fastened at the front and rear of the vehicle. This was the start of Autonummer SZ 1 to Sz XXXXXXX. It was also the beginning of touching personal license plate relationships and stories.
On the basis of the number, it was possible to determine approximately the number of cars circulating at the time of redemption in the canton. It was also possible to use this number to estimate how long the vehicle was traveling on the roads. My number 17967 was thus published 1969. I was interested in whether these assumptions were roughly the same as the statistics. Between 1960 and 1980 the cars in Canton Schwyz increased by about 13.6 times from 2674 to 36452. This could happen for my number and the year 1969 in about. With some exceptions one can say, the deeper the license plate, the longer the holder or the holder with automobiles in the canton on the road. However, what has happened before is not always true today!
With the love for the cars, the love of a number as deep as possible or numismatic interest suddenly came into play. While for some the label simply represents a necessary piece of sheet metal, it seems to have a special, often emotional identification value for others. An license plate seemed to become particularly valuable in the course of time, the deeper or more special the number combination of the number. For a long time this game worked by chance, by means of relationships or by a wish that could be applied to the traffic office. If such a number was free, you could get it with some luck. Many „beautiful“ license plates were also passed on in the family. But what numbers were „beautiful“? These included vintage figures, birthday figures, postal codes, personal lucky numbers, telephone numbers; of the possibilities there are many. Such numbers seem to mean a lot to some people. This went well until well-minded heads in the financial departments sensed an interesting, new source of income. The cantons are attempting to get a pecuniary out of their numbers for the battered state funds, which is possible. In the meantime almost all cantons are in lucrative business.
For a few years now, country, country and country are sold or sold off deep, round, straight and special desire autonummer. Today, whoever has such a special number on his vehicle is either already very long owner of this number, inherited it in the family or bought it with a nice pawn money or bought it. In the year 2013, the cantons of the cantons of the canton of Berne took over some 11 million francs. The most expensive number in German-speaking Switzerland is still the „SG 1“ mark at 135,000 Swiss francs. For the license plate number „SZ 3“ someone paid 98,000 francs and the „SZ 111 111“ went for a whopping 25,000 francs over the counter of the Schwyzer traffic office. Apparently, some contemporaries for special numbers are very deep in their purse. In the canton of Zug, the car owners can even act directly with each other! The sales system will however itself ad absurdum lead, since the once purchased numbers are blocked and can be given again in the family or in the enterprise again. In the case of deep numbers, it will take a very long time for the cantons to get cash again.
My number really comes from the spring of 1969, has arrived at me by simple allocation by the road traffic office and is today with five places already to the short numbers, one must acquire with money! I really do not care.
Two nice stories / anecdotes with autonummern to the end:
First: The former, unfortunately already deceased CVP government council of the canton Schwyz, Karl Bolfing of Rickenbach, had long ago received by allocation the number SZ 1008. When asked, he often said humorously: „I’m going“ Thousand and one (N) eight!“
Secondly: Petra Gössi, national councilor and today’s FDP party president, told a small reminiscence about a license plate and the date of the battle at the Morgarten in an interview with the „Bote der Urschweiz“: „My grandfather had the license plate „SZ 1315″. So I could remember the year of the important battle at the Morgarten early. But my connection to this place and to that part of Swiss history goes beyond a control sign.“