Datum: 09. Februar 2020
Man muss dazu nur das Zusammenspiel der drei wichtigsten Einflussgrössen wie Belichtungszeit, Blende und ISO-Empfindlichkeit in der Belichtung eines Fotos durchschauen und darum jederzeit beherrschen können. Das geht heute besser denn je, wenn man sich damit nur ein wenig befasst.
Die richtige Belichtung eines Fotos war seit Beginn und der Entdeckung des Geheimnisses der Fotografie, eines der Kernprobleme für die neue berufliche Zunft der Fotografen. Während in der Pionierzeit Gefühl, Erfahrung und verschiedene effektvolle pyrotechnische Hilfsmittel für etwas geheimnisvollen Fotografenklamauk und mehr oder weniger erfolgreiche fotografische Produkte sorgten, sind die Methoden heute raffinierter geworden.
Aber auch sie sind – trotz modernster digitaler Technik – nicht immer über alle Zweifel erhaben. Dem dynamischen Sehen des menschlichen Auges sind sie immer noch nicht gewachsen und zwingen darum uns Fotografinnen und Fotografen, ständig mit verschiedenen Eingriffen und Korrekturen, Veränderungen bei der Steuerung der Lichtsituation auf dem Sensor anzubringen. Warum und aus welchem Grunde das immer noch notwendig ist, erfährt man in diesem Blogartikel, wenn ihr weiterlest!
Damit du ein wunderbar gelungenes Foto dein Eigen nennen kannst, muss in erster Linie die genau ausreichende Menge an Licht auf den Sensor treffen. Dann erhälst du ein korrekt belichtetes Foto als Grundlage für alle Weiterarbeit. Das tönt einfacher, als es ist, denn – etwas viel davon – und schon ist das Bild überbelichtet. Oder schlimmer, zuviel und die Lichter sind sogar schon ausgebrannt und ohne jede Information. Umgekehrt geht natürlich auch. Zu wenig Licht macht Unterbelichtung, viel zu wenig lässt die Tiefen schwarz absaufen!
Heute mit PS, LR und Co. doch alles kein Problem mehr, werden einige einwerfen. Klar, kann man bei der Entwicklung digital korrigieren. Man erkauft solch massive Korrekturen jedoch immer mit höherem Arbeitsaufwand und schlimmer, einer minderen Qualität dieses Fotos (Rauschen, Farbfehler, usw.), welche nicht nur die Profis sofort erkennen – wenigstens auf einen zweiten genaueren Blick.
Die Kameras der allermeisten bekannten Hersteller sind heute mit ihren Instrumenten und Automatiken zur Steuerung der Belichtung in der Lage, auch extreme Lichtbedingungen einigermassen unter Kontrolle zu bringen. Am erfolgreichsten schafft man es aber, wenn man die Belichtungssteuerung mit dem Dreigestirn: (1)-Zeit, (2)-Blende und (3)-ISO selber steuert und die Kontrolle über die Belichtung des eigenen Fotos total selber übernimmt. Anpassungen an einer dieser drei Grössen rufen auch nach Veränderung an je einer der anderen, damit insgesamt die richtige Belichtung wieder stimmig ist. Arbeitest du mit dem Live-view-Modus, kann man die Auswirkungen genau 1:1 verfolgen und anpassen. Vergesst also die Automatik, sicher bei der Landschaftsfotografie!
1) Die Belichtungszeit
Sie steuert mit dem Verschluss, wie lange das Licht durch die Blende auf den Sensor einwirken kann. Die Zeit wird in Bruchteilen von Sekunden bis zu ganzen Sekunden oder bei Langzeitbelichtungen sogar Minuten eingestellt. Kurze Zeiten (z.B. 1/250 sec) sorgen dafür, dass das Licht nicht lange auf den Sensor einwirkt, die Aufnahme nicht verwackelt wird und kleinere Bewegungen der Motive nicht zu Bewegungsunschärfe führen. Ganz kurze Zeiten (z.B. 1/1000 sec oder oft noch viel weniger) gefrieren Bewegungen ein und bilden alles Bewegte pickelscharf ab (z.B. Wasserspritzer, Rennläufer, Fussballer). Lange Belichtungszeiten sorgen dafür, dass das (wenige) Licht lange auf den Sensor einwirkt, dass Fotos auch bei wenig Licht (Nacht, Kerzenlicht, Strassenlaternen, Sternenhimmel, Milchstrasse) aufgenommen werden können. Die Aufnahmen werden dadurch aber etwas weicher. Bewegte Objekte werden dabei jedoch unscharf und fliessend, verwischt abgebildet (Bewegungsunschärfe: Fliesswasser, schleichender Nebel, Lichtspuren der Autos, Objekte ohne Beleuchtung veschwinden sogar vom Foto). Lange Belichtungszeiten benötigen immer ein Stativ und Fernauslöser. Oft wird bei Spiegelreflexkameras auch noch der Spiegel vor der eigentlichen Aufnahme hochgeklappt (Einstellung bei Nikon = MUP), damit ja keine kleinsten Erschütterungen Unschärfen hervorrufen. Mittlere „normale“ Verschlusszeiten eignen sich für allgemeine Lichtsituationen bei gutem Wetter und für Fotos, die aus der Hand gemacht werden können.
2) Die Blende (f)
Sie ist eine Vorrichtung mit Lamellen, welche die Lichtmenge, die auf den Sensor (früher Film) fällt steuert. Die Grösse der Blendenöffnung wird mit der Blendenzahl bezeichnet. Je grösser die Öffnung, desto kleiner die Blendenzahl und umgekehrt, musst du dir merken. Je mehr Licht bei einer offenen Blende (z.B. f/2.8 oder geringere Zahl) einfällt, desto heller wird das Foto und desto geringer wird auch die Tiefenschärfe des Fotos. Je weniger Licht bei einer geschlossenen Blende (z.B. f/22 oder noch höhere Zahl) einfällt, desto dunkler das Foto und desto grösser ist in der Regel die Tiefenschärfe. Dabei muss man aber noch die Beugungsunschärfe berücksichtigen. Weil der Durchlass immer enger wird, wird das Licht etwas abgebogen, so dass mit kleineren Blendenöffnungen die Tiefenschärfe wieder etwas abnimmt. Für grosse Tiefenschärfe und auch für eine möglichst geringe Vignettierung (dunkere Stellen an den Bildrändern) sind deshalb mittlere Blenden wirksamer. Die Gleichung, je kleiner die Blendenöffnung (hohe Blendenzahl), desto höher die Tiefenschärfe, stimmt deshalb nur bedingt.
Damit dir die Lichter und hellsten Stellen im Foto (meistens oben im Bild, Himmel Licht, Laternen, Scheinwerfer, Sonne, Mond) nicht ausbrennen, musst du gut aufpassen und etwas mehr abblenden oder einen sogenannten GND-Filter verwenden. Im Menü kann man auch einstellen, dass zu helle Stellen mit Ausbrenngefahr auf dem Monitor blinken und man rechtzeitig vorher Belichtungskorrekturen anbringen kann. Viel zu dunkel fotografieren ist jedoch auch keine gute Lösung, da beim späteren Aufhellen dir das Rauschen beinahe ebenso schlimm ins Handwerk pfuscht.
3) Lichtempfindlichkeit des Sensors (ISO)
Die Lichtempfindlichkeit des Sensors kann mit der Einstellung der ISO Werte bestimmt werden. Gute Kameras ermöglichen heute Einstellungen von LOW über niedrige Werte bis 100 und hohe Werte bis über 50’000 oder mehr ISO. Mit der Normaleinstellung von 100 ISO erhält man in der Regel die besten Aufnahmen. Je höher der ISO-Wert, desto empfindlicher ist der Sensor auf Licht und desto anfälliger ist er auf das sognenannte Bild- und Farbrauschen. Bei 200 ISO ist der Sensor genau doppelt so empfindlich, wie mit 100 ISO! Hier muss jeder selber herausfinden, welche Werte seine Kamera, ohne oder mit korrigierbarem Rauschen, verträgt. Versuche immer, die ISO Einstellung für deinen Zweck so gering wie möglich zu halten. Wenn du Werte zwischen 100 und 8oo ISO benutzt, wirst du vermutlich wenig Probleme haben und verschiedene günstige Einstellungsmöglichkeiten von Blende und Zeit nutzen können.
Beim Fotografieren des Sternenhimmels oder der Milchstrasse musst du jedoch auch höhere ISO-Einstellungen bei offener Blende verwenden, um brauchbare Ergebnisse zu erhalten. Bei Langzeitbelichtungen während des Tages (Fliesswasser, Schleichnebel, crèmige Wasserflächen, usw.) musst du möglichst tiefe Isowerte (z.B. LOW ISO) und zusätzlich Graufilter, auch ND-Filter genannt, (gibt es in verschiedenen Stärken) verwenden, um wirklich lange belichten zu können und gute, scharfe Ergebnisse der Umgebung zu erhalten. Wir schalten die ISO-Automatik im Menü immer aus, um die Steuerung selber in die Hand nehmen zu können.
Ein Foto korrekt zu belichten ist immer eine Gratwanderung im Dreieck dieser Beeinflussungsmöglichkeiten und dem Abwägen zwischen Schärfe und Unschärfe, Bewegungsunschärfe, Tiefenschärfe, Farb- und Bildrauschen. Hier die beste Option zur herrschenden Lichtsituation zu finden, ist eigentlich die wahre technische Kunst der Fotografie. Der Rest ist Spot und Motiv sowie die weichen Faktoren der künstlerischen Bildgestaltung – aber eben genau so wichtig für das Gesamtergebnis!
Zum Schluss haben wir hier für euch noch eine alte Faustregel aus analogen Zeiten, als Belichtungsmesser noch nicht für alle Hobbyfotografen erschwinglich waren. Mein lieber Vater seelig (1919-2005) hatte sie mir als Junge schon eingebläut. Sie stimmt auch heute noch ganz gut und hilft dir schnell und unkompliziert, wenn du die Belichtung total manuell steuerst. Sie lautet folgendermassen:
Bei vollem Sonnenschein und Blende f16 ist die Belichtungszeit gleich dem Umkehrwert der ISO-Einstellung.
Das heisst auf gut deutsch:
Bei eingestellter Blende f16 und 100 ISO Empfindlichkeit, musst du einfach mit 1/100s belichten, dann bekommst du ein korrekt belichtetes Foto!
Probiert es aus, es wird nicht schlecht stimmen!
Ausnahmen bestätigen immer die Regeln!
In der Tierfotografie bietet sich eine kleine Veränderung bei der Belichtungssteuerung an. Hier musst du ja besonders schnell sein, um im richtigen Moment, die Hammeraufnahme deines scheuen Wildtieres in den Kasten zu bringen. Da fotografieren wir mit grossen Brennweiten der Teleobjektive und meistens der Offenblende, um eine klare Freistellung und ein schönes Bokeh zu erhalten. Darum verwenden wir hier die schnelle Zeitautomatik (bei Nikon A; bei Canon Av). Die Belichtung steuern wir dann ganz alleine – und sehr schnell – nur noch mit dem ISO-Knopf und dem Einstellrad für den ISO-Wert. Je mehr ISO, gibt eine schnellere Zeit der Automatik und umgekehrt, je weniger ISO-Wert, eine langsamere. Das ist ganz wichtig, wenn sich das Tier z.B. bewegt, fliegt, oder ruhiger verhält. Und man ist damit sehr schnell für alle Situationen gewappnet.
Nun heisst es üben, üben und probieren und viele Bilder mit verschiedenen Einstellungen gestalten, um die besten Möglichkeiten kennen zu lernen und zu testen. Die Ergebnisse werden sich schnell verbessern, je mehr Erfahrungen du sammeln kannst. Probiere alle Arten des Lichts aus. Vor allem Gegenlichtsituationen mit direkten Lichtquellen sind auch heute immer noch eine Herausforderung.
Mit der Zeit geht manuelle Belichtung bei deiner Landschaftsfotografie aber wie von ganz alleine und bietet dir die volle technische und künstlerische gestalterische Freiheit in der Steuerung der Aufnahmesituation.
Wir wünschen dir viel Erfolg dabei!
Birgit und Ruedi Immoos
Fotos:
Die kleinformatigen Thema-Signet-Fotos, das Titelbild im Artikel und das Foto der alten Kamera mit dem Balgensystem stammen von pixabay.com. Alle anderen Fotos von Fototouren von Birgit und Ruedi Immoos (siehe Wasserzeichen) Sie wurden alle mit diesen Techniken manuell belichtet und unterliegen dem ©.
Titelbild: Altes Blitzlicht; pixabay.com.
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Birgit und Ruedi Immoos auf 500px
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