Was gute Fotografen oder Fotografinnen über ein veröffentlichtes Foto alles bekannt geben sollten, müssten?
Keine Frage, die sozialen Medien, die Fotoplattformen und Co. sind gute Werkzeuge für Fotografinnen und Fotografen, um ihre Werke zu präsentieren und Rückmeldungen zu erhalten. Man sieht da wirklich in FB, Insta, 500px und weiteren Medien tolle Fotos aus allen Sparten der Fotografie. Wenn du wissen willst, was man beim Veröffentlichen eines Fotos alles über die Entstehungsgeschichte bekannt geben sollte, musst du hier weiterlesen.

Single-Shot
Die digitalen Fototechniken bieten den Fotografen wunderbare und vielseitige Möglichkeiten in der Aufnahme, Entwicklung und Gestaltung der eigenen Bilder. Moderne Kameras bieten schon wahnsinnig viele Möglichkeiten, perfekte und hervorragende Fotos aufzunehmen. Die Features werden immer wieder mit raffinierten Möglichkeiten erweitert. Wenn man nur an die Verbesserung des Autofokussystems und der Auflösung der Sensoren in letzter Zeit denkt, wird dies klar.

Single-Shot
Mit der Präzision der heutigen RAW-Entwicklung und der Bildbearbeitungssoftware ist wahnsinnig viel möglich. Spezialisten sind heute in der Lage, zusätzlich und nachträglich wahnsinnig viel in ein Foto zu packen, ohne, dass der Laie oder „Normalfotografierer“ dies auf den schnellen Blick und ohne Spezialkenntnisse vollkommen erkennen kann. Das ist die grosse Kunst der Fotoentwicklung, Fotobearbeitung und der Fotomontagen. Soviel wie nötig, so wenig wie möglich und so unsichtbar und natürlich wie möglich, das ist Top-Sache.

Wenn dann Super-Top-Fotos, bei denen einem die „Spucke im Mund trocknet“ in den sozialen Medien und Fotoplattformen veröffentlicht werden, wird manchmal ein Problembereich sichtbar, der oft zu Schwierigkeiten und divergierenden Meinungen so wie manchmal gehässigen und abschätzigen Kommentaren führt. Was soll, will, darf, muss ich meiner Fangemeinde oder den Usern über die Entstehungsgeschichte, die Aufnahme, Entwicklung und Bearbeitung meines Fotos bekannt geben – und was nicht? Das ist beinahe – hochtrabend gesprochen – ein fotoethisches Thema!

Muss, soll ich erwähnen, wo ich es aufgenommen habe, dass ich dabei Filter verwendet, dass ich dazu mehrere Aufnahmen verwendet, Timeblending angewendet, dass ich den Fokus gestackt, dass ich gewisse Dinge mit dem Stempel entfernt, dass ich noch komponiert habe, den Himmel ausgetauscht, die fliegenden Silhouettenvögel eingesetzt, HDR bearbeitet oder per Sekunden-Pinselstrich einen Effekt mit Luminar, Clever Photographer, Landscape Pro, Celvin Designs, Fotor, usw. wie sie alle heissen diese Zauberwerkzeuge oder einem anderen, ählichen Filterprogramm über mein Bild gezogen habe, usw. Da beginnen diese verschiedenen, angesprochenen Problembereiche schon und spalten die Fotografengilde in zwei Lager. Das geht so weit, dass gewisse sogar Bearbeitung total ablehnen und meinen, nur Fotos „out of cam“ seinen richtig fotografiert und von richtigen Fotografen. Aber auch JPG’s „out of cam“-Fotos sind ja bearbeitet, einfach durch das Programm der Kamera.

Beginnen wir mal ganz vorne. Es fängt schon beim Titel und bei der Beschreibung des Fotos an. Was verrate ich über den Aufnahmeort und die Entstehungsgeschichte des Fotos? Viele Fotografen wollen bei tollen, neuen Fotos aus verschiedenen Gründen – meistens, um das Nachfotografieren zu verhindern oder zu verzögern aber oft auch, um sicher zu stellen, dass der Spot am nächsten Tag nicht von vielen Fotografen und Influencern heimgesucht und in Mitleidenschaft gezogen oder sogar verwüstet wird – keine genaueren Angaben machen. Sie geben dann dem Bild meistens einen Fantasienamen, der keine Rückschlüsse auf den genauen Aufnahmeort zulässt. Darüber habe ich schon mal einen Blogartikel geschrieben. Eigentlich ist es schade, aber auch verständlich und manchmal sogar zu begrüssen. Meistens nützt es aber nichts, weil es immer wieder User gibt, die den Spot erkennen und das auch sofort in einem Kommentar kund tun, ganz zur „Freude des Fotografen“, der sich soviel Mühe gemacht hat, dies zu verbergen. Oder dann gibt es diejenigen, die sofort ein eigenes Bild von diesem Ort mit genauen Angaben und Beschreibungen in die Kommentare posten. Ich war auch da, ich kann das auch, besser, schöner? Aber ihr kennt das ja alle zur Genüge.

Manchmal findet man fototechnische Angaben zu den Bildern. Diese Daten nennt man Exif-Daten (Abkürzung für „Exchangeable Image File Format“). Das ist ein Standardformat, mit dem die Metadaten in den Bildern im Hintergrund gespeichert werden. Diese können dann wieder ausgelesen werden. Meistens wird angegeben: Kamera, Objektiv, Brennweite, Zeit, Blende und ISO. Viele gute Fotografen geben diese Daten und Werte an, damit man so ein Foto besser beurteilen und auch von diesen Angaben Lehren für die eigene Fotografie ziehen kann. Das sollte bei Fotogruppen und Fotoportalen eigentlich der Standard für gute Fotografen sein. Alledings ist zu beachten, dass diese Exifs das unentwickelte RAW-Foto repräsentieren. Wenn du die gleichen Einstellungen verwendest, erhälst du als Ergebnis natürlich nicht das entwickelte, sondern das gleiche oder ähnliche RAW-Foto.

Jetzt wird es aber schon ein wenig kontroverser! Single-Shot, One-Shot (ein Bild, direkt aufgenommen und normal entwickelt ohne grosse Veränderungen am Foto) oder nicht? Das ist für mich und viele gute Fotografinnen und Fotografen eine klare Sache. Wenn man keine diesbezüglichen Angaben zum veröffentlichten Foto macht, sollte es wirklich ein Single-Shot sein. Ob man da mit dem Korrekturstempel einen Sensorfleck oder einen Lens-flares entfernt oder ob man eine erkennbare Person im Hintergrund oder ein unschönes, kleines Schild, Verkehrszeichen herausgestempelt hat, ob man die Farbe des Himmels ein wenig geholt oder die Helligkeit, den Kontrast usw. etwas verbessert hat, ist meiner Ansicht nach Detail und zu vernachlässigen. Wenn man es gut und natürlich macht, merkt es eh niemand, der das RAW nicht zur Beurteilung hat (darum müssen Profis bei wichtigen Agenturen, Bewerbungen für grosse Fotoaufträge bei Firmen oder bei Wettbewerben immer das RAW-Bild einsenden). Wenn es nicht gut gemacht ist, meistens zu viel des Guten, merken es die meisten Betrachter des Bildes sowieso.

Alle Fotos jedoch, bei denen mit speziellen Bearbeitungsprogrammen grössere Eingriffe ins Bild bewerkstelligt wurden, sollten mit dem entsprechenden Begriff gekennzeichnet werden.
Der Begriff „Composing“ z. B. gibt dann bekannt, dass mehrere Fotos und Bildteile, auch solche, die nicht vom Fotografen des Ursprungsbildes und nicht vom gleichen Spot stammen, zu einem Bild komponiert wurden. Das ist legitim, eine spezielle Kunstform der Fotografie, gibt manchmal tolle Bilder – aber man sollte es eben bekannt geben!

Der Begriff „Timeblending“ z.B. bezeichnet auch einen grösseren Eingriff ins Bild. Er meint meistens, dass zwei, manchmal auch mehr Fotos vom gleichen Spot aber zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen, zu einem Bild zusammengerechnet wurden. Das Timeblending wird oft in der Astrofotografie der Milchstrasse verwendet. Es bietet dem Fotografen die Möglichkeit, den Vordergrund etwas früher (z. B. zur blauen Stunde) mit geringen ISO-Werten und längerer Zeit – deshalb rauschfrei und klar – aufzunehmen und dann später, wenn die Milkyway erscheint den Hintergrund mit höheren ISO-Werten und kürzerer Zeit zu fotografieren. Dann werden die beiden Bilder zusammengerechnet. So hat man vorne nicht ein aufgehelltes durch die Rauschentfernung verschwommenes, unschönes „Etwas“!

Es ist also eigentlich ganz einfach. Immer dann, wenn man grössere Eingriffe in ein Bild oder spezielle Techniken (Fokusstacking, HDR, Mehrfachbelichtung, erstellte Spiegelungen, Panobilder, Spezialfilter, Drohnenfotos usw.) zur deutlichen Verbesserung des Bildes, welche man mit einem normalen Single-Shot nie erreichen würde, verwendet hat, sollte man dies erwähnen. Nur so kann ein Foto grunsätzlich und vollkommen beurteilt und mit anderen Bildern verglichen werden. Tut man es nicht, muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, dass man sich mit unlauteren Mitteln Vorteile in der Beurteilung durch die Betrachter verschaffen will, die ja von einem Single-Shot ausgehen, da nichts erwähnt wurde.

Ganz ähnlich ist es auch in der Tierfotografie. Da wird die Latte sehr hoch gelegt, in dem viele Fotografinnen und Fotografen ganz spezielle Methoden verwenden, gegen die man mit Fotos von Tieren in freier Wildbahn meistens keine Chancen hat. Auch da ist eine genaue Bezeichnung, wie das Foto entstanden ist, unbedingt notwendig, um Fotos beurteilen und korrekt vergleichen zu können.

Es macht natürlich einen grossen Unterschied im Schwierigkeitsgrad einer Aufnahme, ob man das Tier, sei es Säugetier, Vogel, Reptil oder Insekt, in freier Wildbahn (Foto Bezeichnung: Wildlife oder in the wild) oder in einem Hide oder ähnlichem Unterstand, in Naturschutzgebieten oder speziell arrangierten Situationen, angefüttert, angelockt (Bezeichnung: cc, controlled conditions, unter controllierten Bedingungen) oder eben auch eingesperrt in einem Zoo, Tierpark, Wildpark, in einem Gehege oder speziell mit abgerichteten Tieren in natürlicher Umgebung (Bezeichnung: ca, captive animals, eingesperrte Tiere), fotografiert hat. Zusätzlich können auch hier die weiter oben beschriebenen Methoden angewandt werden. Auch sie sollten zusätzlich beim Foto bezeichent werden.

Zum Schluss noch dies: Wenn so ein Composing oder Timeblending, oder so eine Tierfotografie in cc oder ca, usw. super-top gemacht wurde und man eigentlich gar nicht richtig merkt, dass da was gemacht wurde, kann und soll man ruhig bekannt geben, wie man zu dem Foto gekommen ist und dass man es komponiert oder timegeblendet hat.

Gute technische Arbeit, tolles Fotohandwerk in allen Belangen, erhält seinen Lohn und die Bewunderung der Betrachter. Auch ist es nichts als ein Gebot der Fairness gegenüber allen anderen Fotografinnen und Fotografen, wenn man die speziellen Techniken und Arrangements, die zu dem besonders guten „Wow-Foto“ geführt haben, auch offen legt.

Alle Fotos in diesem Blog sind von Ruedi W. Immoos und unterliegen dem ©.
Alle Fotos von Ruedi W. Immoos finden Sie auf der Fotowebsite. Man darf sie gerne anschauen, alles andere auf Anfrage.
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sehr gut hast Du geschrieben.
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